Liebe Leser!
Wenn wir Ihnen heute zum 100jährigen Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Pattensen diese Festschrift mit der nachstehenden Chronik in die Hand geben, so tun wir dieses mit Freude und zugleich auch mit Stolz.
Die Chronik soll nicht nur das Wirken unserer Wehr in den 100 Jahren ihres Bestehens aufzeigen sie soll auch die Geschichte des Feuerlöschwesens und die Entwicklung der Wehr von 1893 bis heute in unserer Stadt darstellen. Auch den kommenden Generationen wollen wir hiermit ein Stück Heimatgeschichte erhalten.
Einhundert Jahre Freiwillige Feuerwehr Pattensen umfassen einen Abschnitt, in dem Bürger jeglichen Standes sich freiwillig einem Dienst gewidmet haben, der der Allgemeinheit und dem Wohle der Einwohner galt, im Sinne des Grundsatzes
"Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr"!
Einhundert Jahre freiwilliger Feuerwehrdienst sind der Beweis guter Kameradschaft, aber auch zugleich Verpflichtung für uns alle, mit gleicher Treue wie unsere Väter und Vorväter in dieser Gemeinschaft zu wirken.
Der nachfolgende kleine Abriß der Geschichte des Pattenser Feuerlöschwesens macht die Notwendigkeit einer stets einsatzfähigen Wehr deutlich.
In früheren Jahrhunderten, als man noch keine Feuerwehren nach heutigem Standard kannte bereitete die Bekämpfung des Feuers große Sorgen. In vielen alten Chroniken ist nachzulesen daß ganze Ortschaften ein Raub der Flammen wurden.
So sind auch im Jahre 1655 in Pattensen bei einem Brand innerhalb weniger Stunden 110 Wohnhäuser und 200 Scheunen und Ställe ein Opfer der Flammen geworden.
Ein erneuter Großbrand im Jahre 1733 vernichtete 126 Wohnhäuser und 144 Scheunen und Ställe; es waren 16 Tote zu beklagen.
Wie hilflos mutet es heute an, wenn zu jener Zeit "durch der Hände langer Kette" der lederne Löscheimer weitergereicht wurde; wie gering waren da die Wassermengen, die den Brand bezwingen sollten. Wie ernst zu damaliger Zeit die Anstrengungen der Einwohner waren, sich mit den primitiven Mitteln zu helfen, beweist die Tatsache, daß jeder Mann, der heiratete, der Stadt einen ledernen Feuerwehreimer stiften mußte.
Die erste Feuerspritze für die Stadt wurde im Jahre 1739 angeschafft. Es war eine Druckpumpe in die das Wasser mittels Feuereimer geschüttet und von der Spritze herausgedrückt wurde. Ein Schlauch war nicht vorhanden, sondern nurein kurzes Mundstück mit beweglichem Gelenk.
Im Jahre 1830 wurde die alte Spritze durch eine fahrbare Druckspritze ersetzt.
Vor Gründung der Freiwilligen Feuerwehr war jeder unbescholtene Bürger bei Bränden verpflichtet, Löschdienst zu leisten und das Gerät zu bedienen.
Auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Franke kamen am 28.10.1893 neunundvierzig Bürger der Stadt Pattensen zusammen, um eine Freiwillige Feuerwehr zu gründen. In seiner Begrüßungsansprache betonte Franke, daß, entgegen seiner früheren Aussage, es würden für die Mitglieder keine Kosten entstehen, dieses nicht mehr aufrechterhalten werden könne. Der Stoff für die Joppen (Uniformjacken) würde von der Stadt angeschafft, den Arbeitslohn müsse jedoch jeder selber tragen. Dafür sollten die Joppen nach Ablauf von fünf Jahren in den Besitz des Trägers übergehen. Alle 49 Anwesenden waren damit einverstanden. Bei der anschließenden Wahl wurde Hermann Diete zum Commandanten und Kamerad Langeheinecke zum Stellvertreter gewählt. Die Mitglieder wurden eingeteilt in Steigerzug, Spritzenzug und Schutzmannschaft.
In der Generalversammlung am 23.05.1894 wurde beschlossen, die Versammlungen auf jeden ersten Sonntag im Monat um 6.00 Uhr morgens zu legen. Um 5.30 Uhr wurde zum Antreten geblasen. Wer nicht zum Dienst erschien, mußte 1,- Mark Strafe bezahlen. Der monatliche Beitrag wurde auf 10 Pfennig festgelegt.
In der Generalversammlung am 09.10.1894 erklärte Senator Weidemann, daß der Magistrat nichts mehr dagegen habe, daß die Freiwillige Feuerwehr mit ihrer Spritze ggf. auch nach außerhalb fahren dürfe.
Im Vorstandsprotokoll vom 17.07.1895 wird erstmals "die Musik" erwähnt, die zu den vier angesetzten Jahresübungen aufspielen und hierfür 25,- Mark jährlich erhalten sollte.
Je nach Jahreszeit wurden die Versammlungen ab 1900 auch Sonntagnachmittags abgehalten. Bereits 1 Stunde vor den festgelegten Übungszeiten mußten sich die Mitglieder der Feuerwehr zum "Exerzieren" einfinden. Des weiteren wurde zweimal im Jahr vor der Generalversammlung eine "Inspektion" abgehalten, d.h., alle Mitglieder mußten ihre Ausrüstungsgegenstände mitbringen und dem Kommando vorlegen.
In dem Protokoll der Generalversammlung vom 23.02.1902 heißt es: "Die Wahl der Wehrführer bedarf der Bestätigung durch den Magistrat." Außerdem wurde beschlossen, daß die fünf Mitglieder, die mit dem Fahrrad zum Lindener Feuerwehrfest gefahren sind, ebenfalls 80 Pfennig Fahrgeld erhalten, ebenso wie die Mitglieder, die mit der "elektrischen" Bahn gefahren sind.
Commandant Diete, zu dessen Ehren die heutige Zufahrtsstraße zum Gerätehaus benannt wurde, trat aus gesundheitlichen Gründen am 22.05.1902 zurück. Zu seinem Nachfolger wurde Hauptmann Daeke, zum Stellvertreter Kamerad Langeheinecke gewählt. In gleicher Versammlung legte man fest, in welchen Straßen die Hornisten im Alarmfall (und auch bei Übungen) zu alarmieren hatten. Einstimmig wurde beschlossen, daß Mitglieder, welche ohne begründete Entschuldigung dreimal im Jahr fehlten, aus der Wehr auszuschließen seien.
Hauptmann Daeke trat am 23.04.1907 zurück. Neu gewählt wurde zum Hauptmann Kamerad Langeheinecke und zu seinem Stellvertreter Kamerad Neufeld.
In der Jahreshauptversammlung am 20.07.1910 erfolgte eine Erhöhung des Beitrages auf 20 Pfennig pro Mitglied. Für tatkräftige Unterstützung bei Einsätzen in Pattensen, Hiddestorf und Reden in den Jahren 1893 bis 1910 bezahlte die Landwirtschaftliche Brandkasse insgesamt 168,50 Mark Prämien an die Freiwillige Feuerwehr Pattensen. Aus den Protokollen geht nicht einwandfrei hervor, wieviele Mitglieder die Feuerwehr hatte. Es müssen aber ständig zwischen 50 und 70 Mitglieder gewesen sein.
1912 wurden neue Joppen angeschafft. Für den Stoff und die Knöpfe bezahlte die Stadt pro Joppe 13 Mark. Arbeitslohn und Zutaten mußte jeder Feuerwehrmann selber übernehmen. Nach dem Ausscheiden eines Kameraden verblieben die Joppen im Eigentum der Stadt.
Am 14.07.1912 fand unter großer Beteiligung der Gau-Verbandstag in Pattensen statt. Die vorgeführten Übungen der Freiwilligen Feuerwehr Pattensen wurden vom Beurteilungsausschuß als recht gut bezeichnet.
Der Krieg 1914 bis 1918 verlangte auch von den Feuerwehrkameraden seine Opfer. Eingezogen wurden 39 Kameraden. Hiervon sind 3 gefallen, und 9 wurden verwundet.
Anfang 1922 erhöhten sich wegen der Inflation die Eintritts- und Fehlgelder. Das Eintrittsgeld betrug nunmehr 10 Mark. Wer sich bei Übungen um 10 Minuten verspätete, mußte 1 Mark, wer nicht teilnahm 3 Mark, und wer bei einem Brand ohne begründete Entschuldigung fehlte, 10 Mark bezahlen.
Diese Beträge erhöhten sich 1923 auf 100 Mark Eintrittsgeld, 50 Mark bei Verspätung zu einer Übung, 200 Mark bei Nichtteilnahme und 300 Mark Strafe bei Fehlen bei einem Brand ohne Entschuldigung. Der Feuerwehrbote bekam für das Bestellen der Wehr 5.000 Mark.
Nach der Währungsreform 1926 wurde der jährliche Beitrag pro Mitglied auf 2 Mark festgelegt. Dieser Beitrag hat sich bis zum heutigen Tage nicht geändert.
1929 erhielt die Freiwillige Feuerwehr die erste Motorspritze, eine TS, auf einer zweirädngen Lafette. An den Seiten der Lafette waren Haspeln für B- und C-Schläuche sowie Halterungen für Strahlrohre, Verteiler und Saugschläuche angebracht. Bei Einsätzen und Üungen wurde die TS von den Kameraden gezogen. Bei Einsätzen der Wehr nach außerhalb konnte ein Kleinlastwagen vorgespannt werden.
Für den verstorbenen Stellvertretenden Hauptmann Neufeld wurde am 10.02.1930 der Kamerad Weidemann gewählt.
1933 verstarb Hautpmann Langeheinecke. Nachfolger wurde Kamerad Weidemann, Stellvertreter Kamerad Giesecke.
Mit dem Anschluß Pattensens an das Wasserleitungsnetz der Harzwasserwerke änderte sich die Wasserversorgung 1936 in Pattensen sehr zum Vorteil. Ca. alle 200 m wurden Hydranten gesetzt, so daß man nicht nur auf die Bäche und Brunnen angewiesen war. Handwerker bauten mit Standrohr, Schlüssel, Schläuchen, Verteilern und Strahlrohren ausgerüstete Löschkarren. Eine Gruppe konnte hiermit einen ersten selbständigen Löschangriff vornehmen. Bei den monatlichen Übungen marschierte der Musikverein vorweg, dann folgten die Tragkraftspritze und die von einigen Kameraden selbst gezogenen Löschkarren. So ging es zum jeweiligen Übungsort. Für die Unterstützung erhielt der Musikverein jährlich 100 Mark.
Bisher erhielten die Kameraden für je 10 Jahre Dienst bei der Freiwilligen Feuerwehr einen Beförderungsstern. Dieses änderte sich in den 30er Jahren. Immer mehr Kameraden wurden zu Lehrgängen zur Landesfeuerwehrschule in Celle geschickt. Erst nach bestandener Prüfung und aufgrund ihrer Leistungen konnten sie dann nach den neuen Bestimmungen befördert werden.
In den Kriegsjahren 1939 bis 1945 mußte die Feuerwehr zu zahlreichen Bränden auch nach Hannover ausrücken. In Pattensen waren die Brände hauptsächlich durch Bomben oder abstürzende Flugzeuge entstanden. Durch schnelle und tatkräftige Einsätze konnten größere Schäden vermieden werden.
Am 08.04.1945 wurde neben mehreren Gebäuden auch das Gerätehaus durch einen Volltreffer zerstört. Die Tragkraftspritze wurde nur leicht beschädigt und konnte schnell repariert werden. Die Löschkarren waren seinerzeit auf verschiedene Stellplätze verteilt und wurden somit nicht beschädigt. Da das Gerätehaus neben dem Ratskeller nicht wieder aufgebaut werden konnte, entschied man sich für die Unterbringung der Tragkraftspitze und sonstigen Geräte in einer alten Werksstatt neben der alten Wache.
Stadtbrandmeister Weidemann trat am 18.04.1946 aus Altersgründen zurück; Nachfolger wurde Henry Giesecke, Stellvertreter August Müller.
Am 01.09 1948 konnte das neue Gerätehaus neben der Grundschule eingeweiht werden. Aus diesem Anlaß fand nach einem Umzug durch Pattensen an der Kirche eine große Übung statt. Die Kameraden waren stolz auf ihr neues Gerätehaus, war doch ein Großteil der Arbeiten durch Eigenleistung erbracht. Unter anderem holten die Kameraden die Steine für den Neubau mit Pferd und Wagen aus den Trümmern in Hannover. Geschaffen wurde damit gleichzeitig auch eine Unterbringungsmöglichkeitfür ein Löschgruppenfahrzeug. Dieses Fahrzeug wurde 1951 angeschafft.
Als Nachfolger für Henry Giesecke, der inzwischen Unterkreisführer geworden war, wurde am 13.01.1954 Fritz Papenmeyer zum Stadtbrandmeister gewählt. Stellvertreter blieb August Müller. Dieser trat 1960 aus Altersgründen zurück. Nachfolger wurde David Meyer. Nach dem Tod von Fritz Papenmeyer wurde 1960 als neuer Stadtbrandmeister Albert Birnbaum gewählt. 1968 trat Heinrich Selle die Nachfolge von David Meyer als Stellvertreter an.
Da sich die Stadt Pattensen in den 50er Jahren durch neue Siedlungsgebiete vergrößerte, reichte das vorhandene Löschgruppenfahrzeug nicht mehr aus. Den neuen Anforderungen entsprechend wurde 1963 ein Tragkraftspritzenfahrzeug und 1967 ein immer noch im Dienst stehendes Tanklöschfahrzeug angeschafft.
Stadtbrandmeister Albert Birnbaum legte am 09.01.1971 nach 11 jähriger Dienstzeit sein Amt nieder. Rückblickend stellte er fest, daß es in dieser Zeit 15 Groß- und 24 Kleinbrände gegeben hatte. Nachfolger wurden Heinrich Selle als Stadtbrandmeister und Friedrich Bähre als sein Stellvertreter.
1974 trat Otto Müller die Nachfolge von Friedrich Bähre an. Das inzwischen nicht mehr einsatzfähige Löschgruppenfahrzeug wurde durch ein gebrauchtes Löschgruppenfahrzeug mit einer Pumpenleistung von 1.600 l pro Minute der Berufsfeuerwehr Berlin ersetzt.
Wurde die Wehr bisher hauptsächlich zu Bränden gerufen, kam nun eine erhöhte Anzahl von Verkehrsunfällen und technischen Hilfeleistungen hinzu. Dieses machte es erforderlich, daß einige technische Geräte, wie Stromerzeuger, Hydraulikpumpe, Schere, Spreizer, Scheinwerfer und Hydraulikzylinder, angeschafft werden mußten. Mit diesen Geräten ist seither die Wehr in der Lage, eingeklemmte Personen schnell und sicher aus den Autowracks zu befreien.
Mit der Gebietsreform 1974 erfolgte ein Zusammenschluß mit Hüpede, Jeinsen, Koldingen, Oerie, Reden, Schulenburg und Vardegötzen. Die 8 Ortsbrandmeister wählten Heinrich Selle zum Stadtbrandmeister von Gesamt-Pattensen. Da Heinrich Seile nicht auf längere Zeit den Posten eines Stadt- und Ortsbrandmeisters gleichzeitig bekleiden konnte, wurde es erforderlich, Anfang 1977 einen neuen Ortsbrandmeister zu wählen. Neuer Ortsbrandmeister wurde Otto Müller, sein Stellvertreter Friedrich Hohnroth.
Durch die Gründung der Jugendfeuerwehr 1974 hat die Pattenser Feuerwehr keine Nachwuchssorgen mehr. Erster Jugendfeuerwehrwart wurde Hermann Peppermüller. Dank der guten technischen Ausrüstung, einer guten Kameradschaft und erfahrener Ausbilder war und ist der Zuspruch zur Jugendfeuerwehr ausgezeichnet.
Da die Einsätze der Feuerwehr rapide stiegen, wurde es erforderlich, einige Fahrzeuge zu ersetzen und neue anzuschaffen. So wurde 1979 eine gebrauchte Drehleiter von der Berufsfeuerwehr Berlin erworben. Das alte Löschgruppenfahrzeug wurde 1984 durch ein neues Fahrzeug ersetzt. Im gleichen Jahr wurde auch ein LT 28 angeschaft. Dieses Fahrzeug ist von den Kameraden in Eigenleistung zu einem Gerätewagen ausgebaut worden und hat sich bei zahlreichen Einsätzen bewährt.
Das Feuerwehrgerätehaus in der Marienstraße reichte für die Unterbringung aller Fahrzeuge und Geräte nicht mehr aus, so daß ein Teil in angemieteten Scheunen untergestellt werden mußte. Entsprechende Mittel für den Neubau eines Gerätehauses konnten zu der Zeit von der Stadt noch nicht bereitgestellt werden.
1985 schied Friedrich Hohnroth als Stellvertretender Ortsbrandmeister aus, Nachfolger wurde Hermann Peppermüller. Im gleichen Jahr wurde der Standort für den Bau des neuen Gerätehauses auf dem "Steintoranger" festgelegt. Die Grundsteinlegung erfolgte 1986.
Am 12. September 1987 überreichte der damalige Bürgermeister Horst Morawitzky dem Ortsbrandmeister Otto Müller den Schlüssel für das neue Gerätehaus. Die Stadt verfügt seitdem über eines der modernsten Gerätehäuser im Land Niedersachsen.
In den vergangenen 10 Jahren waren durchschnittlich 55 Einsätze pro Jahr zu verzeichnen;
davon entfielen ca. 80% auf technische Hilfeleistungen bei z.T. schweren Verkehrsunfällen. Die verbleibenden 20% beinhalten u.a. Brandeinsätze. Dabei sind besonders hervorzuheben die Großeinsätze beim Zimmereibetrieb Oelsen am 14.03.1982 und beim Hotel-Restaurant "Zur Linde" am 01.03.1985.
Die Schwerpunktfeuerwehr Pattensen-Mitte hat z.Zt. 66 aktive Mitglieder, 34 Mitglieder der Jugendfeuerwehr, 11 Kameraden der Altersabteilung und etwa 400 fördernde Mitglieder.